Teil 11

Nach der Arbeit fahre ich nach Hause. Mein Vater ist auch zu Hause. Er sitzt in seinem Räumchen und dreht Zigaretten. Mein Vater ist mein ein und alles, mein Anker und mein Beschützer. Als uns damals meine Mutter verlassen hat, sind wir beide tief gestürzt. Er hat mich zu dem Menschen gemacht der ich heute bin, er war immer und bedingungslos für mich da. Zusammen haben wir schwere Zeiten durchgestanden. Sehr schwere Zeiten.

„Hey Schatz wie war dein Tag?“, fragt mich mein Vater und blickt kurz auf. Ich antworte: „Achja gut aber auch anstrengend. Ich will gleich noch ins Fitnessstudio. Und deiner?“, frage ich und gebe ihm einen Kuss auf den Kopf. Sein Haaransatz geht langsam zurück und einige Falten lassen sich nicht mehr verbergen. Er hatte letztens erst seinen zweiten Bandscheibenvorfall und kann sich nur schwer bücken. Zugeben ist hier jedoch fehl am Platz. Mein Vater würde nie zugeben, dass er krank ist oder nicht mehr kann. Er arbeitet als Notarzt im Krankenhaus und das ist wahrlich nicht leicht auf der Arbeit. Nur selten spricht er mit mir darüber.

Er nickt und dreht weiter seine Zigaretten. Mein Vater ist der einfühlsamste Mensch den ich kenne. Seit meine Mutter ihn verlassen hat, hat er keine andere Frau mehr angeschaut. Er selbst sagt, sie war die Liebe seines Lebens. Das war jedoch für meine Mutter nicht so. Ein Herzens guter Mensch und trotzdem verletzt worden. Tief verletzt. Er gibt sich oft die Schuld für das was mit mir passiert ist. Er weiß alles… aber wir sprechen nicht mehr darüber. Seine Schuldgefühle werden dann zu groß… ich habe ihm nie die Schuld gegeben. Die Schuld liegt bei jemand anderem… ich weiß ich kann vor ihm das mit Lilly nicht lange verbergen. Aber das darf ich nicht entscheiden, sondern Lilly. Unser Vater opfert alles für uns und glaubt dabei nur an das Gute. Aber auch Lilly hat schlechte Seiten.

Ich fahre auf die Auffahrt des Fitnessstudios auf und halte wie immer Ausschau nach einem ganz bestimmten Auto. Als ich es finde macht mein Herz Luftsprünge. Es ist Henrys Auto. Ein sehr schicker schwarzer Mercedes in Sportedition. Einmal hat er mich damit fahren lassen und konnte es keine dreizig Minuten aushalten, dass ich am Steuer war. Männer und ihr Autos. Ich parke mein Auto (ein kleiner beerenfarbener Minicooper) und gehe ins Fitnessstudio. Ich ziehe mein Standard zwei Stunden Programm durch, erst Crosstrainer, Dehnübungen, Krafttraining, Zirkeltraining und dann noch eine Runde Ausdauertraining auf dem Fahrrad. Ich bin gerade eine Etage höher und dehne meine Schulter und Rücken, als von hinten jemand an mich herantritt und mich begrabscht. Bevor ich sauer reagieren kann, merke ich wie bekannt mir die Hände sind. Es sind Henrys. Blitzschnell drehe ich mich um. Unsere Lippen finden sich automatisch. Er verschwitzt, ich verschwitzt… Henry hebt mich hoch und drückt mich gegen die Wand. Blitzschläge lassen meinen Körper erzittern. Mir ist gerade völlig gleich, dass uns jemand so sehen könnte. Henrys Hände haben Talent. Sie halten mich gleichzeitig und bearbeiten meinen Körper. Ein kleines Brummen macht sich in seiner Brust breit. „Oh Gott Henry…“ stöhne ich total außer Atem. Aber ich möchte nicht aufhören. Ich lege eine Spur aus Küssen an seinem Hals entlang, von einem Ohr zum anderen. Ich drücke meinen Rücken durch, um noch näher an ihm zu sein. Ich muss ihn noch mehr spüren. Plötzlich knallt es hinter uns. Wir schrecken beide hoch, doch es war nur ein Windstoß, der die geöffnete Balkontür zugeschmissen hat. Schnell atmend versuchen wir noch zu lachen doch es klingt sehr komisch. „Du machst mich wahnsinnig Alison…“ haucht Henry an mein Ohr, gibt mir einen kurzen flüchtigen Kuss und verschwindet. Fast macht sich Enttäuschung in mir breit, als Henry ruft: „Kommst du? Wir müssen dringend nach Hause!“ Das ist mein Stichwort…

Wir fahren gerade gleichzeitig und die Auffahrt ein. Ich bin zuerst an der Tür, öffne diese und warte dahinter. Henry kommt langsam angelaufen, doch bevor er die Tür erreicht schließe ich sie mit einem Luftkuss. „Wahnsinnig! Du machst mich wahnsinnig“, ruft Henry hinter der Tür. Ich eile zur nächsten Tür und ziehe das gleiche Spielchen durch. „Wahnsinnig nach dir… Alison.“ Ich stehe direkt hinter der Schlafzimmertür, als mein Muskelprotz um die Ecke kommt. Er greift mich an den Armen und wirft mich über die Schulter. Ich schreie nur und versuche zu treten doch nichts. Er ist so viel stärker. Keine Sekunde später liege ich auf dem Bett. Henry ist direkt über mir. Neckend langsam beugt er sich zu mir und bleibt Millimeter vor meinem Mund stehen. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut. Gänsehaut am ganzen Körper. Ich kann nicht mehr warten und Schlinge meine Arme und Beine um ihn und küsse ihn. Plötzlich klopft etwas an die Tür.

„Leute ihr wollt es doch nicht tun während ich hier bei euch bin… das ist mega ekelig“, schreit Lilly hinter der Tür. Wir beide stöhnen auf und lachen gleichzeitig. „Schatz Lilly muss ausziehen und zwar dringend, sonst gibt’s weniger hier von“, haucht Henry und küsst die empfindliche Stelle an meinem Ohr. Lilly muss definitiv ausziehen…

Als wir uns wieder beruhigt haben, gehe ich ins Wohnzimmer. Dort steht ein Päckchen auf dem Tisch. „Achja so ein komischer Postbote hat das vorbei gebracht. Der war mal merkwürdig. Total in schwarz gekleidet“, sagt Lilly so neben bei. Ich atme schneller und schneller. Das kann doch nicht sein….Atmen Alison… Atmen

Fortsetzung folgt

– Jo

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